Dienstag, 1. November 2016

Samenernte

Die letzten Wochen und Monate waren wir permanent mit der Ernte beschäftigt. Die Haupterntezeit ist von August bis Mitte Oktober. Los geht es aber schon Anfang Mai, wenn die ersten Frühblüher fruchten. Beim Ernten von Staudensamen kann man einige Fehler machen, nicht alles ist so simpel, wie man zunächst glaubt. Die vorhandene Literatur beschäftigt sich hauptsächlich mit Nutzpflanzen. Sehr nützlich und hervorragend ist z.B. das vom Verein Arche Noah herausgegebene Handbuch Samengärtnerei. Zur Samenernte und -reinigung von Stauden und Wildpflanzen gibt es aber nach wie vor keine vernünftige, zusammenfassende Literatur.



Wann sind die Samen reif ? Wann erntet man ?

Bei den meisten Arten erkennt man den richtigen Zeitpunkt daran, dass die Blüten-/Fruchtstände welken und sich gelb-bräunlich verfärben. Bevor man erntet, nehme man immer ein bischen Material ab und zerreibe es zwischen den Händen. Dann sieht man, ob sich überhaupt Samen gebildet haben, wieviele es sind, und ob sie reif sind.

Reife Samen besitzen meistens eine dunkle und feste Samenschale. Ist sie dagegen noch hell und weich, sind sie unreif und man muss die Ernte zurückstellen. Weniger als 10% der Arten haben helle, manchmal sogar weiße Samenschalen. Dann gibts nur ein Kriterium: nämlich, wie fest der Same ist. Einen Anteil hohle (taube) Samen gibt es fast immer, und zuweilen sind fast alle taub. Ziemlich gemein sind z.B. Astern, da enthält oft nur jeder hundertste Same einen keimfähigen Embryo. Hat man Zweifel, zerquetscht man einfach einen Samen mit dem Fingernagel auf einer festen Oberfläche. Spürt man einen Widerstand und quillt dabei etwas Weißes hervor, handelt es sich um einern keimfähigen Samen, passiert das nicht, ist der Samen hohl.

Viele Sorten reifen über einen langen Zeitraum ab - ein typisches Merkmal für Wildpflanzen. D.h. man muss wöchentlich durchgehen und abernten. Die Handernte ist ganz schön arbeitsintensiv.


Große Betriebe, die feldmäßig anbauen könen sich das gar nicht leisten. Die müssen dann einen Zeitpunkt festsetzen, zu dem möglichst viele Samen reif sind. Das ist für die Qualität nicht immer gut, weil viele unreife Samen mitgeerntet werden. Ob diese Samen bei der Lagerung nachreifen, merkt man spätestens bei den Reinigungsprozessen.

Was erntet man genau?

Je nach Sorte ist das sehr unterschiedlich. Meistens schneidet man ganze reife Blüten-/Fruchtstände ab, die zahlreiche Samen enthalten. Oft sind dabei auch Stängel und Blätter enthalten. Alles andere wäre zu aufwändig und zeitraubend.  Große Früchte kann man auch einzeln abernten. Das muss man immer von Fall zu Fall entscheiden. Zuweilen ist es sinnvoll, viel Zeit für die Handernte aufzuwenden, dann hat man weitgehend reines Saatgut und man kann sich später bei der Reinigung eine Menge Zeit und Mühe sparen. Wer für den Hausgebrauch nur wenige Portionen benötigt, der tut gut daran, an dieser Stelle mehr Zeit zu investieren. Das spätere Reinigen kann sich nämlich als sehr mühsam herausstellen, besonders wenn man nicht einen großen Satz passender Siebe hat.



Wie die einzelnen Pflanzenfamilien ihre Samen ausbilden, ist sehr unterschiedlich. Bei den Lippenblütlern (Lamiaceae) sind sie in den Kelch eingeschlossen und müssen später oft herausgedroschen werden. Bei den Schmetterlingsblütlern sitzen sie in Hülsenfrüchten. Wenn diese Schoten sehr groß sind, kann man sie einzeln absammeln. Bei den Asterngewächsen sitzen die Samen in Körbchen - manchmal frei zugänglich und vom Wind weggetragen (wie beim Löwenzahn oder der Arnika), oft aber mehr oder weniger fest im Körbchen drin (wie z.B. bei Astern, Gänseblümchen oder Kamillen). Andere Pflanzenfamilien besitzen Kapseln, die sich während der Reife öffnen und die Samen verstreuen (z.B. Mohngewächse, Braunwurzgewächse, Nelkengewächse). Da muss man dann rechtzeitig aktiv werden, sonst ist alles rausgefallen. Ein Riesenthema, das uns hier im Blog immer wieder begegnen wird !

Wie bewahrt man das Material auf, und wo lagert man es ?

Ideal sind unbeschichtete Tüten aus braunem Kraftpapier (sogenannte Bodenbeutel). Leider bekommt man als Privatkunde im Handel oft nur die kleinen Varianten. Als Ersatz (leider nicht so günstig) kann man sich in jedem Supermarkt Papiertüten für Bioabfälle beschaffen, oder man verwendet Papier-Tragetaschen.



Das gesammelte Material muss erstmal mindestens zwei Wochen (besser 4-6 Wochen) an einem warmen, trockenen Ort lagern. Wir nutzen dafür einen Heizraum, der eine sehr niedrige Luftfeuchtigkeit aufweist. Ich habe extra ein Heizrohr nicht isoliert, damit die Wärme ausreicht (der Kaminfeger hats bisher nicht gemerkt).

Und zum Abschluss noch was Lustiges...

Was macht der denn da ?


Des Rätsels Lösung: ein Akku-Handstaubsauger. Von einigen extrem niederen Sorten, z.B. hier: Sternmoos (Sagina subulata) lassen sich die Samen nur auf diese Weise gewinnen. Manchmal ist der billigste der beste. Starke, leistungsfähige Geräte versagen hier, denn man würde viel zu viel Erde und Getier miteinsaugen...